Stellungnahme der KTS zur Drucksache 7/6470 (Gesetzentwurf der Fraktion der AfD)

Wir die Konferenz der Thüringer Studierendenschaften fordern den Gesetzesentwurf der AfD grundsätzlich und vollumfänglich abzulehnen.

Die Studierendenräte stellen die Vertretungen aller Studierenden der jeweiligen Hochschule dar, sie sind durch jene unmittelbar demokratisch gewählt und sind damit demokratisch berufen sowie legitimiert.

Sie agieren in ihrer Funktion als Vertretungsorgan für die Vielzahl der Individuen der eigenen Hochschule, in städtischen Beiräten, Landesvertretungen und einer Vielzahl anderer Gremien.

Sie erwirken Vertragsabschlüsse im Namen aller Studierenden und sorgen damit für günstige Verkehrstickets und Sonderkonditionen mit Vertragspartnern wie den Städten vor Ort uvm. Ein sehr gutes Beispiel hierfür sind die Kulturtickets in Jena und Erfurt.

Den Studierendenden wird freier Eintritt in viele städtische Museen, dem Theater oder der Oper gewährt für einen Pauschalbeitrag welcher geringer ist als ein einzelnes Ticket.

In der Konsequenz der angesprochenen Alternative, dem Austritt aus der Studierendenschaft, wäre jede für sie verhandelte Vergünstigung hinfällig.

Ein ebenfalls wichtiger Aspekt der Tätigkeiten der Studierendenräte ist die Kommunikation zur Hochschule – explizit der Hochschulleitung und für diese die studentische Perspektive einzubringen. Dies geschieht partiell durch den Vorstand direkt, aber auch durch das Besetzen der Gremien mit Studierenden, welche über die Studierendenschaft vorgeschlagen werden.

Die ehrenamtliche, oft unentgeltliche Arbeit der Studierendenschaften ist notwendig für den Aufrechterhalt des Status der Hochschulen. So kommt es regelmäßig vor, dass Studierendenschaften bei der Durchführung und Umsetzung der Akkreditierungsverfahren (z.B. aktuell an der FSU Jena, davor an der TU Ilmenau) unterstützen und gemeinsam mit den bezahlten Angestellten der Hochschulen ein erfolgreiches Ergebnis erarbeiten.

Ein großer Teil des Engagements dient der Vernetzung der Studierenden (auf Fachbereichsebene). In vielen Studiengängen ist bekannt, dass das kollaborative Bearbeiten der Übungsaufgaben und Themen für eine wissenschaftliche Karriere grundlegend ist.1 Darüber hinaus bilden sich besonders während des Studiums Verbindungen, die vor allem im zukünftigen Arbeitsleben viele Vorteile bieten. Besonders hier nimmt die Vermittlung der Studierenden mit Wirtschaftsunternehmen durch die Studierendenschaften konkret die Fachschaften – sei es durch Kooperationen oder gar dem Vorstellen möglicher Berufe als Folge eines Hochschulabschlusses – eine große Rolle ein.

Nicht nur die Vernetzungsarbeit innerhalb der eigenen Studierendenschaft, sondern auch unter den anderen deutschen Studierenden- und Fachschaften ist nennenswert.

Die Thüringer Studierendenschaften sind sowohl landes- als auch bundesweit gut vernetzt. Dabei ist das Mitwirken in der Konferenz der Thüringer Studierendenschaften, die sowohl gegenüber der Politik als Kontakt bei Fragen, als auch den Thüringer Verkehrsunternehmen als Verhandlungspartner dient, nennenswert.

Nur durch ein geschlossenes Auftreten der Studierendenschaften, können Preise, die auch ohne Subvention des Landes, unter dem Azubi-Ticket (trotz Subvention durch das Land) liegen, erreicht werden.

Die Vernetzung der KTS mit dem fzs und den anderen Landesstudierendenvertretungen sowie das Organisieren von Bundesfachschaftentagungen sind wichtige Bereiche der Hochschulpolitik.2 Dadurch konnten bewährte Lösungsansätze für hiesige, akute Probleme einfach und zeitnah etabliert werden und das Hochschulpersonal wurde entlastet. Das Interesse der Hochschule an diesen, zeigt sich nicht nur in der Übernahme studentischer Projekte durch die Hochschule, sondern auch durch die Vergabe von dotierten Preisen. Ein Beispiel dafür stellt z.B. das Mathecafe der Fakultät für Mathematik und Informatik der FSU Jena dar. Dieses wurde von der der 77. KoMa (in Ilmenau) inspiriert und erfolgreich umgesetzt, um der hohen Abbrecherquote bei mathematischen Studiengängen zu begegnen.3

So waren die Thüringer Studierenden selbst auf der europaweiten Vernetzungs- und Fortbildungstagung “Level Up!” in Brüssel vertreten.

Die Teilnahmegebühr, die Kosten für An- und Abreise, sowie die Übernachtungskosten wurden nach erfolgreicher Kommunikation des fzs mit der European Youth Forum von letzterem übernommen.

In der Hochschullehre in welcher die Ausbildung junger Akademiker*innen als wichtiges Gut bewahrt werden soll, muss es qualifizierte, engagierte und erfahrene Stellvertreter*innen geben, die diese Aufgabe wahrnehmen. Ohne die bestehende Struktur der Studierendenschaften würden diese Aufgabe nicht in dem bestehenden Maß geleistet werden können. Die Gremienarbeit wird in Ihrer Wichtigkeit seit Langem wertgeschätzt und so ist es auch möglich, als gremientätige Person länger BAföG berechtigt zu sein, da man viel Zeit in das Ehrenamt investiert. Ohne solche Möglichkeiten würde dieses Engagement, die studentische Sichtweise, und damit eine notwendige Komponente, um in den wichtigen Gremien der Hochschulen die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen verschwinden. Dass die Studierendenschaften eine wichtige Funktion in den Hochschulen erfüllen, können die Hochschulen selbst bestätigen, wozu wir die Hochschulen an dieser Stelle auffordern.

Die Studierendenschaft wirkt nicht nur innerhalb der Hochschulen. In den kommunalen Gremien sorgen sie für eine bessere Wahrnehmung der Hochschulen. Es gibt Hochschulstandortentwicklungskonzepte und partizipative Projekte, durch welche die gesamte Stadt durch den Aktivismus der Studierenden profitiert. Die Legitimation dieser Tätigkeit ist nicht in Frage zu stellen. Studierende setzen eigene Projekte um, bringen Stadtratsvorlagen ein und gestalten Ihre (Wahl)heimat mit. Diese Form der Selbstwirksamkeit in welcher sie Politik als gestaltbar erleben und für die eigene Interessensgruppe greifbar machen, sorgt für eine offene, neue Generation mit dem Willen zur Partizipation. Es ist notwendig, dass die vorhandene schlechte Konnotation von Politik aufgebrochen wird, da diese zum nun immer größer werdenden Ohnmachtsgefühl besorgter Bürger*innen führt, welche sich nicht mehr mit Politik identifizieren können, noch denken diese selbst gestalten zu können.

Die Arbeit der Studierendenvertretungen ist nicht zu ersetzen, was vor allem immer dann deutlich wird, wenn es zu Problemen während des eigenen Studiums kommt. Diese Probleme sind vielseitig, sie reichen von Kommunikationsschwierigkeiten in welchen die Studierendenräte als Mediatoren auftreten, bis hin zu Klagen vor dem Verwaltungsgericht, emotionalen Beistand bei Grenzüberschreitungen, sowie dem Sicherstellen der Qualität der Lehre. Manche dieser Probleme sind für die Betroffenen sehr persönlich was dazu führt, dass sie sich nicht jedem anvertrauen. Da die Studierendenvertretungen selbst Studierende sind, besteht ein anderes Vertrauensverhältnis als zu Mitarbeitenden welche die Probleme zum Teil nicht nachvollziehen können. Ein solches Vertrauensverhältnis ist nicht rekonstruierbar durch eine nicht studentische Struktur.

Wir fordern die Fraktionen und Mitglieder des Landestages daher auf den Antrag der AfD-Fraktion abzulehnen.

Mit freundlichen Grüßen

Benjamin Reichhardt

Sprecher der Konferenz Thüringer Studierendenschaften

Jonathan Schäfer

Sprecher der Konferenz Thüringer Studierendenschaften

1 https://koma86.uni-jena.de/

2 http://bufak-wiso.uni-jena.de/

3 https://www.otz.de/leben/vermischtes/im-mathe-cafe-ungezwungen-binomische-formeln-besprechen-id223199063.html